Das nächste große Abenteuer - nach 2 Tagen ausspannen in Puerto Natales und einer laaangen Busfahrt Ankunft in El Chalten, dem Wander- und Klettereldorado zu Füßen des Fitz Roy und Cerro Torre. Schon vom Bus aus sieht man die ikonische Formation und die Vorfreude ist trotz der anstrengenden Anreise riesig. Ein langer Abendspaziergang führt mich durch Schwaden von Fritierfett, Happy Hour und Burger-Angeboten erstmal nahe an die Verzweiflung - die sich am nächsten Morgen in totale Euphorie verwandelt, als der freundliche Ranger mir die Erlaubnis gibt, alleine loszuziehen. Den Harness im Gepäck und mit mindestens 2 kg weniger Gewicht als im TdP (mensch lernt ja dazu) geht es dann am übernächsten Tag gut ausgeruht und mit freundlichem Wetterbericht los. Der 1. Tag ein (Sonnenstichgefährdeter) Traum unter blauem Himmel mit Panorama-Blicken zu Fitz Roy und Torre, am 2. morgens dann früh um 6 los, die Berge ganz für mich allein, die 1. Tirolesa überwunden (Adrenalin pur), markierungsfreie Geröll- und Schutthalden durchstiegen (Adrenalin 2) schliesslich auf den 1400 m hohen paso del viento, der freundlicherweise "paso no viento" gibt, ein paar Wolken schützen den Kopf, aber lassen immer noch Blick frei aufs patagonische Eisfeld - was für eine Landschaft, Eis soweit das Auge reicht und der gigantische Viedma - Gletscher im Vordergrund, der dann auch beim Abstieg zum Zeltplatz und am nächsten Tag bei der Durchwanderung wunderschöner rot-brauner Tundralandschaft den martialischen Hintergrund bildet. Nach dem Paso Huemul, auf den uns Rückenwind in Orkanstärke quasi hinaufbläst, kommt dann die Überraschung - der nächste Zeltplatz liegt an einer kleinen Bucht voller Babyeisberge. Die Aussicht ist so unglaublich, dass es sogar der netten, aber sehr lärmigen 4-köpfigen Australisch-amerikanischen Truppe, die mich die ersten 2 Nächte soviel Nerven und Schlaf gekostet hat, die Sprache verschlägt. Und so sitzen wir, ein knappes Dutzend Wanderer, voller Ehrfurcht vor diesem Naturwunder und danken den Wetter- und Landschaftsgött*innen für Ihre unendliche Großzügigkeit. Ich treffe auch Martin wieder, der beim Paßabenteuer in TdP dabei war und es tatsächlich dank eines sehr alpinerfahrenen Deutschen mit gutem GPS-Gerät durch den Schneesturm geschafft hat - halberfroren und total fertig, aber immerhin sind alle sechs gesund angekommen, was mich total freut. Am letzten Tag dann nochmal unendliche Weiten, eine 2., wesentlich entspanntere Tirolesa, Aussicht auf den riesigen Lago Viedma, Kondore im Formationsflug genau über unseren Köpfen und ganz zum Schluß auch noch ein schöner Sturm, der uns diesmal leider genau entgegenbläst und die letzten 7 km zu einem ziemlichen Kampf werden lässt. Aber nur Sonne wäre irgendwie auch nicht so richtig Patagonien gewesen, insofern komme ich dann nass (weil irgendwie den Moment verpasst, die Regenhosen anzuziehen) aber super happy in meinem vorgebuchten schön warmen Hostelzimmer an. Viele meiner Reisegefährten habe ich hier in El Chalten dann wiedergetroffen, und wir sind uns alle einig: eigentlich können wir mit Trekking jetzt aufhören, diese Tour ist durch nichts zu toppen. Absolutes Wetterglück, denn seit unserer Rückkehr herrscht Sturm mit relativ viel Regen, und das wird für die nächste Woche leider auch so bleiben - ich versuche mein Glück trotzdem mit der Grenzquerung zu Fuß zurück nach Chile und hoffe, dass es mich nicht total einregnet. Vorher noch ein paar gechillte Tag hier, mit Ausflügen ohne Rucksack im Nationalpark und Reiseplanung für die Carretera Austral. Martin hat mir auch noch angeboten, mein überflüssiges Gepäck mit zurück nach Berlin zu nehmen, was mich extrem (nämlich um knapp 2 kg) erleichtert - trotz aller Erfahrung irgendwie doch zuviel Kram eingepackt für die Grenzquerung...und den Harness brauche ich jetzt auch nicht mehr. Immer noch ganz beseelt, ich hoffe, die Bilder bringen das rüber.