Ich war auf dem antarktischen Kontinent. Ich bin total geflasht. Habe den ganzen nächsten Tag gebraucht, um wieder runterzukommen. Aber langsam groove ich mich ein. Es hilft auch, dass wir jetzt nicht mehr so weit fahren, sondern eher so ein bisschen Inselhopping machen. Dadurch liegen wir dann lange am gleichen Ort, und haben Zeit, diesen aufzunehmen, die Änderungen des Lichtes - aber eben auch mal sagen, ich leg mich ein Stündchen hin, und danach ist die Aussicht immer noch die Gleiche. Meine Deckrunden helfen auch - ich bin viel draußen, kriege wenigstens ein bisschen Bewegung und kann die Aussicht genießen ohne zu frieren. Gestern ist ein ein Buckelwal-Duo (Mama und Kalb) bestimmt zwei Stunden ums bzw. mit dem Schiff geschwommen - teilweise ganz nah. Wale zu sehen ist etwas ganz besonderes, was sich auf Fotos nicht richtig vermitteln lässt. Der Wal ist ja fast die ganze Zeit unter Wasser, man sieht mal den Rücken, mal die Fluke und den "Blow", es ist also mehr das Wissen, dass er da ist und dem Rhythmus seiner Bewegungen folgen, was so faszinierend ist. Wenn Du ganz viel Glück hast, springt einer, aber das ist hier bisher noch nicht vorgekommen.
Vorgestern Abend sind wir ja noch in eine andere Bucht gefahren (Paradise Bay - Name war Programm), wo ein Schiff uns freundlicherweise den Landeplatz freigemacht hat - allerdings wurde das eine Nachtlandung, ich war in der ersten Gruppe und wir sind um 21 Uhr raus, entsprechend wenig Zeit hatten wir an Land, aber trotzdem: ich war auf dem Kontinent...surreal und wirklich ergreifend. Es ist nicht unbedingt leicht, in diesem Massenbetrieb angemessen Raum zu finden für das Eigene Erleben, aber ich tue mein Bestes. Lasse mich in den Schnee fallen und ein Jubelschrei darf auch sein. Zurück an Bord gönne ich mir einen Vodka - auf die Antarktis.
Die kalifornische "Assistant Expedition Team Lead" fragt uns, für wen dies der letzte Kontinent auf der Liste ist - komische Frage, obwohl ich dann realisiere, dass mir auch nur noch Australien fehlt. Aber dieses "sammeln" ist mir echt fremd. Wir werden hier in 4 Obergruppen mal 3 Untergruppen a etwa 30 Leute (= 3 Tenderboote) im Wechselschicht-System an Land bzw. zu Wasser gebracht. Das funktioniert ganz gut, und irgendwie bin ich fasziniert, ich mag ja gut überlegte Routinen sehr...die insgesamt 21 Polarkreuzer, die hier unterwegs sind, fahren alle die gleichen (wenigen) geschützten und zugänglichen Landestellen der wetsantarktischen Halbinsel an, auch das ist ein lustiges Tetris-Spiel, was bisher wohl auch mit viel gegenseitigem Wohlwollen funktioniert. Angeblich sind ab nächstem Jahr 68 Schiffe im Einsatz - das wird eng bei den Pinguinen, die jetzt schon echt viel Besuch kriegen...
Gestern waren wir auf Duncan Island, einer kleinen Insel mitten in einem wunderschönen Kanal, umgeben von hohen Bergen, riesigen Schneefeldern und Gletschern, mit Pinguin-Highways, das war sehr beeindruckend. Aber bzgl. der Pinguine habe ich trotzdem mehr und mehr das Gefühl, wir sollten die in Ruhe lassen. Auch wenn sie sich scheinbar nicht stören lassen. Und dann haben sie (also das Expeditionsteam, nicht die Pinguine) uns in den Tenderbooten ganz nah an die Gletscherkanten und Eisberge rangefahren, das war kalt und windig und wunderwunderschön. Heute warten neue Wunder, der Lemaire-Kanal und dann Port Charcot, mit noch mehr Pinguinen, angeblich Chinstrap und Adelie (es gibt insgesamt 8 antarktische Pinguinarten, bisher haben wir "nur" den Gentoo gesehen). Ich habe gestern mal nachgeschaut, wenn ich richtig rechne, haben wir noch 4 oder 5 Tage hier in dieser bezaubernden Eiswelt, bevor es dann Richtung Falkland-Inseln und durch die Magellanstraße zurück nach Punta Arenas geht. Das fühlt sich gerade richtig groß an!
Ansonsten habe ich meine rosa Rentiermütze verloren, ich hoffe sehr, die findet sich wieder. Insgesamt habe ich ein bisschen zu leicht gepackt für die Temperaturen hier (um die Null grad, aber mit Wind kann's schon gefühlte minus 8-10 geben), Schichtensystem ist super, aber eine richtig warme Jacke und v.a. eine Schneehose wäre jetzt auch nicht verkehrt. Gestern hatte ich so ungefähr alles an, was ich dabei habe. So, und jetzt raus an Deck in die Sonne...




















